Dr. Silke Lesemann, wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, hat sich im Landtag für eine Stärkung der Fachhochschulen und der Einführung eines Promotionsrechts ausgesprochen.

Fachhochschulen übernehmen eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft, Wirtschaft und Forschung: Sie arbeiten nah an der Praxis, sind mit Unternehmen in der Region vernetzt und bieten Studiengänge an, die an Universitäten nicht vertreten sind.

„In Niedersachsen entscheiden sich mehr als 20 Prozent der Studierenden für eine Fachhochschule, sie erfreuen sich also immer größerer Beliebtheit. Zudem weisen sie ein hohes Innovationspotenzial auf: Sie stehen im Austausch mit regionalen Unternehmen und forschen in Bereichen wie Pflegewissenschaften oder Public Health, die an Universitäten nicht oder nur am Rande vertreten sind. Um diese Forschung voranzutreiben, sind Promotionen ein wichtiges Instrument“, erklärt Lesemann.

„Schon jetzt können Fachhochschulen kooperative Promotionen anbieten. In der Praxis scheitert dies jedoch häufig am hohen Organisationsaufwand. Diese Schwierigkeiten wollen wir zukünftig aus dem Weg räumen und ein zeitlich begrenztes, individuelles Promotionsrecht für Fachhochschulen ermöglichen. Das würdigt die dort durchgeführte, ausgezeichnete Forschungsleistung und gibt ihr neue Anreize“, erklärt Lesemann. „Jede Absolventin und jeder Absolvent ist außerdem eine weitere Fachkraft, die potenziell in der Region bleibt. Indem wir die Fachhochschulen stärken, stärken wir effektiv die Wirtschaft in unseren Regionen.“

Meine Rede im Landtag im Wortlaut:

Meine Damen und Herren,

Sie sehen also, Forschung ist in Ergänzung zur praxisorientierten Lehre zunehmend stark profilbildend für unsere Fachhochschulen.

Diesem innovativen und forschungsstarken Profil sowie dem Potenzial der HAW wird der grundständige Ausschluss von eigenständigen Promotionen, wie ihn § 9 NHG bisher vorgibt, nicht mehr gerecht.

Wir haben in den vergangenen Wahlperioden kooperative Promotionen zwischen FH und Universitäten ermöglicht. In einzelnen Fällen kann das durchaus eine gute Lösung sein. Berücksichtigt wird aber nicht, dass manche Fächer, an denen HAW erfolgreich forschen, von Universitäten gar nicht angeboten werden. In diesen Fächern sind kooperative Promotionen gar nicht oder nur in aufwändigen Verfahren möglich.

An den HAW werden immer öfter fächerübergreifende und transferorientierte Promotionsthemen angeboten, die für kooperative Promotionen eine große Herausforderung darstellen.

Die Debatte um ein Promotionsrecht für Fachhochschulen wäre nie aufgekommen, wenn das, was wir bisher hatten, gut funktionieren würde.

Doch die kooperative Promotion, bei der Fachhochschulprofessoren und Universitäten gemeinsam Doktoranden betreuen, läuft nur in Einzelfällen wirklich gut. Weil sie auf Freiwilligkeit basiert: Die Universitäten können mitmachen, müssen aber nicht. Es hängt also meist von guten persönlichen Kontakten zwischen Kolleginnen und Kollegen der verschiedenen Hochschultypen ab. Und die Fachhochschulen sind die Bittsteller. Übrigens selbst dann, wenn die Uni-Leitungen die kooperative Promotion grundsätzlich unterstützen.

Deshalb wollen wir nun einen weiteren Schritt gehen.

Bei der anstehenden Novelle des Niedersächsischen Hochschulgesetzes soll ein befristetes und an Bedingungen geknüpftes Promotionsrecht für forschungsstarke Bereiche eingeführt werden.

Die vorgeschlagene Regelung orientiert sich am Hessischen Hochschulgesetz. Gerne hätten wir als SPD Fraktion diese Regelung schon früher ermöglicht, was aber unter den beiden letzten Regierungskoalitionen nicht möglich war.

Wir versprechen uns von einem eigenständigen Promotionsrecht einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung und Sicherung des dringend benötigten wissenschaftlichen und praxisorientierten Nachwuchses.

Hierdurch stärken wir den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Die Qualifizierung akademischer Fachkräfte wirkt einer spürbaren Abwanderung in benachbarte Bundesländer entgegen, die das Promotionsrecht an FH bereits ermöglichen. Hierzu gehören unsere Nachbarländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Und an dieser Stelle sei erwähnt, dass Niedersachsen eines von derzeit vier Bundesländern ist, die diesen Schritt bisher noch nicht gegangen sind.

Ohne eine entsprechende Regelung wird sich der bereits bestehende Wettbewerbsnachteil erheblich vergrößern.

Wenn HAW das Promotionsrecht einfordern, geht es nicht darum, dass sie kleine Universitäten werden wollen. Wir werden auch nicht auf eine Einheitshochschule zusteuern, wie manche Kritiker provokant behaupten. In den vergangenen Jahren differenzieren sich Hochschulen wie Universitäten immer weiter aus und profilieren sich erfolgreich. Das ist im Übrigen auch politisch so gewollt.

Beispielsweise zählt die HAWK Hildesheim, Holzminden, Göttingen zu den sechs Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in Deutschland, die mehr als drei Forschungsschwerpunkte in der Forschungslandkarte der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) verzeichnen können. Geforscht wird in zukunftsträchtigen Schlüsseltechnologien wie z.B. in der Plasmaforschung

Ich bin überzeugt: Das Promotionsrecht wird sich an forschungsstarken Fachhochschulen etablieren. Diese Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss!