Haushalte sind in Zahlen gegossene Politik. Der Landtag hat in seiner Dezember-Sitzung über den Doppelhaushalt 2017/18 beraten, Dr. Silke Lesemann, wissenschaftspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, stellte den Haushalt im Bereich Wissenschaft und Kultur vor. Ihre Rede im Wortlaut finden Sie hier:

- Es gilt das gesprochene Wort. -

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren!

Bildungs- und Forschungshaushalte sind ein wichtiger Gradmesser für die Zukunft eines Landes. Der vorliegende Haushalt beweist, dass es um die Zukunft Niedersachsens sehr gut bestellt ist. Denn wie in den Vorjahren stellt der Einzelplan 06 mit einem Anteil von gut 10 Prozent auch in diesem Jahr den drittgrößten Einzelplan des Landeshaushalts dar. Das Ausgabenvolumen beträgt 2017 und 2018 jeweils etwa 3,2 Milliarden Euro. Damit ist der Bildungsbereich der eindeutige Schwerpunkt dieser Landesregierung. Wissenschafts- und Kultushaushalt mit 3,2 bzw. mit fast 6 Milliarden Euro ergeben je 9 Milliarden Euro in den Jahren 2017 und 2018. Zusammen machen sie fast 30 Prozent des Gesamthaushaltes aus.

Dieser Doppelhaushalt weist eine Besonderheit auf: Einen wichtigen Schwerpunkt bildet die Integration von Geflüchteten. Lassen Sie mich aus Sicht der SPD-Fraktion auf ein paar Schwerpunkte des Einzelplans 06 eingehen! Die Landesregierung ebnet den Weg für neue Infrastrukturmaßnahmen im Bereich von Wissenschaft und Kultur. Hier einige Beispiele: Für den Ersatzbau des Technikums des Fraunhofer-Instituts in Braunschweig stellt das Land 12,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Für die Hochschulmedizin stellt die Landesregierung von 2017 bis 2020 nahezu 50 Millionen Euro als Investitionspauschale bereit. Davon profitieren die Universitätskliniken in Göttingen und in Hannover. Stichwort „Digitalisierung“: Über die Politische Liste geben die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen für die Jahre 2017 und 2018 insgesamt 5 Millionen Euro für die Etablierung innovativer E-Health-Anwendungen an den beiden Standorten der Universitätsmedizin in Göttingen und in Hannover. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen ist eines der vier Haupthandlungsfelder der Metropolregion Hannover/Braunschweig/Göttingen/Wolfsburg. Sie ist eine besondere technische Voraussetzung auf dem Feld seltener Erkrankungen und auch im Hinblick auf höhere gesetzliche Auflagen zur Datensicherheit wichtig. Insbesondere im Flächenland Niedersachsen bedeutet die IT-Ertüchtigung der Universitätsmedizin besondere Chancen für die qualitative Verbesserung und wirtschaftliche Gestaltung der Versorgungsstrukturen.

Stichwort „Digitalisierung der Lehre“ – bitte, Herr Hillmer, hören Sie jetzt einmal zu –: 2017 und 2018 stehen mehr als 20 Millionen Euro für die Verbesserung der Qualität der Lehre zur Verfügung. In den Zielvereinbarungen, die sicherlich auch Sie genauestens studiert haben, ist zu lesen, dass erwartet wird, dass sich die Qualitätsverbesserungen natürlich auch auf den Bereich „digitale Lehre“ beziehen. In einer Anhörung zum Thema „digitale Lehre“ wurde uns gesagt, dass seit 2001 verstärkt in diesem Bereich gearbeitet wird. Das war nicht Ihre Regierungszeit; das war eine weise Entscheidung der damaligen Regierung, die andere Farben trug. Wir in Niedersachsen sind weiterhin führend, was die Entwicklung von digitaler Lehre angeht.

Auch aus der Mipla wird deutlich, dass gerade das Aufgabenfeld „Hochschulen“ noch einmal einen deutlichen Mittelaufwuchs erfährt. Die niedersächsischen Hochschulen werden im Zeitraum von 2017 bis 2020 insgesamt mehr als 100 Millionen Euro zusätzlich für Forschung und Lehre erhalten. Die vom Land zur Verfügung gestellten Studienqualitätsmittel, mit denen den Hochschulen die entgangenen Einnahmen aus den weggefallenen Studiengebühren vollständig kompensiert werden, steigen dank wachsender Studierendenzahlen weiter an, bis 2018 auf 153 Millionen Euro. Das ist eine ganze Menge Geld, das wir den Hochschulen zur Verfügung stellen.

Ich höre auf Seiten der Hochschulen große Dankbarkeit dafür. Mit der Abschaffung der Studiengebühren haben wir ein zentrales Wahlversprechen eingelöst und soziale Hürden für den Studieneinstieg gesenkt. Das belegt die Steigerung der Studienanfängerzahlen in ganz eindrucksvoller Weise. Denn die jungen Menschen wissen: Niedersachsen investiert in die Studienqualität. Die Zahl der Studierenden stieg seit der Abschaffung der Studiengebühren in Niedersachsen massiv an, um knapp 19 Prozent. Wir sind für mehr Chancengleichheit und eine soziale Öffnung von Hochschulen angetreten. Das kann nicht ohne den Ausbau sozialer Infrastruktur gelingen.

Deshalb stellen die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen 7 Millionen Euro für ein Zuschussprogramm für den Bau studentischer Wohnheime zur Verfügung, und das übrigens zum dritten Mal in dieser Wahlperiode. Sie haben in Ihren beiden Wahlperioden nichts dergleichen gemacht. Da sind Sie mit null und nichts herausgegangen. Ich möchte unserem baupolitischen Sprecher, Marco Brunotte, ganz herzlich für die große Unterstützung an dieser Stelle danken.

Im Übrigen hat das auch einen positiven Nebeneffekt, denn hierdurch entlasten wir den Wohnungsmarkt in den Ballungszentren merklich. Die Studentenwerke – mein lieber Herr Hillmer, vielleicht sollten Sie einmal mit denen sprechen – sind sehr begeistert über Ihr Engagement. Das ist nämlich gar nichts. Da können Sie sich gerne mal Kritik abholen. Die soziale Öffnung im Hochschulbereich ist u. a. auch ein Motiv für die Förderung von Fachhochschulen. Kernanliegen sozialdemokratischer Bildungspolitik sind die Förderung und der Ausbau von Fachhochschulen aufgrund ihres größeren Praxisbezugs in der Ausbildung und im Studium. Das wird von uns als eine gute Alternative zum Universitätsabschluss gesehen.

Erwähnen möchte ich auch die wiederholte und dauerhafte Stärkung unserer Fachhochschulen mit 64 Millionen Euro jährlich. Hiermit schaffen wir 3.400 zusätzliche Studienplätze. Das gibt den Fachhochschulen Planungssicherheit, schafft Raum für Innovation und stärkt sie als Motoren für regionale Entwicklung. Das ist natürlich in einem Flächenland wie Niedersachsen absolut wichtig.

Insgesamt besetzen wir mit diesem Programm mehr als 330 Professorenstellen. Die Besetzung dieser Stellen läuft derzeit auf Hochtouren. Außerdem ist uns als Regierungskoalition wichtig, dass nunmehr die Möglichkeit der Entfristung von bisher befristeten Professorenstellen besteht. Wir leisten mit diesem Doppelhaushalt bzw. dem Fachhochschulentwicklungsprogramm einen weiteren Schritt in Richtung gute Arbeit – auch in der Wissenschaft.

Meine Damen und Herren,

dieser Haushalt eröffnet Geflüchteten durch Sprachkurse und Grundbildung Teilhabechancen. Mittel stehen in den Bereichen Erwachsenenbildung, Hochschule und Kultur zur Verfügung, um eine bessere Integration durch Sprachkurse und Grundbildung sowie Vorbereitung auf ein Hochschulstudium zu ermöglichen. Hinzu kommen Bundesmittel für Flüchtlinge in Höhe von 30 Millionen Euro für den Bereich Integration durch Sprache. Weitere 700 Lehrkräfte sollen im Bereich Deutsch als Zweit- bzw. Fremdsprache qualifiziert werden. Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung sollen für ihre Kurse im Flüchtlingsbereich eine Finanzausstattung erhalten, die eine bessere Bezahlung der Lehrkräfte ermöglicht. Hierfür ist uns von den Lehrkräften auch bereits gedankt worden. Das ist ein großes und wichtiges Paket zur notwendigen besseren Integration.

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Fairness gebietet es, auch noch Stellung zu den Haushaltsvorschlägen der Opposition zu nehmen. Allerdings muss ich gestehen, dass mir das in diesem Jahr besonders schwerfällt. Denn, erstens, fundierte Kritik am Regierungsentwurf fehlt. Zweitens, eigene Impulse – Fehlanzeige. Drittens, kluge Ideen – nochmal Fehlanzeige. Der Wissenschaftsetat stellt für Sie lediglich einen Steinbruch dar. Hier wollen Sie Mittel herausbrechen, um in anderen Bereichen aufzustocken. Das macht mir Sorge und den Beschäftigten der Hochschulen mit ihren Personalräten und Gewerkschaften, den Studierenden und ihren ASten oder den Gleichstellungsbeauftragten ebenso.

Bei dem Thema Gleichstellung möchte ich kurz beispielhaft verweilen. Hier wollen sich offenkundig die Herren und die Damen von der FDP mit einer Streichung von über 700.000 Euro bei der Chancengleichheit von Frauen in Forschung und Lehre kluge Konkurrenz vom Leibe halten. Ich denke, das ist besonders problematisch, denn bis vor wenigen Jahren war die Wissenschaft überwiegend von androzentristischen, von männerzentrierten, Grundannahmen geprägt. Hier hat die Frauen- und Geschlechterforschung gezeigt, dass es anders geht und dass es wesentliche Ergebnisse zeitigt, wenn man sich mit dem Thema Frauen- und Geschlechterforschung beschäftigt. Das werden wir weiterhin tun.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf einen weiteren Punkt im Haushalt des Einzelplans 06 hinweisen, der der SPD und den Grünen besonders wichtig ist. Die Landesregierung hat beschlossen, im Geschäftsbereich des MWK zum 20. Juni 2016 eine Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung einzurichten. Hierfür werden jährlich 900.000 Euro bereitgestellt. Wir korrigieren mit dieser Haushaltsentscheidung einen schwerwiegenden Fehler der alten schwarz-gelben Landesregierung, die die Landeszentrale für politische Bildung seinerzeit aus ideologischen Gründen aufgelöst hat.

Politische Bildung ist aber gerade in diesen Tagen mit Blick auf Desinformationskampagnen im Zuge des um sich greifenden Populismus – Stichwort: „postfaktisches Zeitalter“ – notwendiger denn je, um unsere Demokratie zu stützen. In diesem Sinne wünschen wir der neu gegründeten Landeszentrale für politische Bildung viel Erfolg dabei, eine Werbeagentur für Demokratie zu werden.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die schwarze Null steht ab 2017. Das macht die besondere Leistung dieser Landesregierung deutlich: Wichtige bildungspolitische Notwendigkeiten im Einzelplan 06 werden finanziert, und trotzdem erreicht sie eine Neuverschuldung von null Euro. Das zeichnet diese Landesregierung aus.

Meine Damen und Herren,

Haushalte sind in Zahlen gegossene Politik. Wir bauen Schulden ab, stärken aber zugleich Bildung, Wissenschaft und Forschung. Mit diesem Doppelhaushalt zeigt Rot-Grün wie in den Vorjahren, dass Bildung und Wissenschaft für uns Vorrang haben. Wir geben Gas für den Aufbruch in die Wissensgesellschaft. Wir geben damit ein Signal, dass bei allen Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung Bildung und Chancengerechtigkeit weiter an vorderster Stelle stehen. Ich möchte mit einem Dank an alle diejenigen schließen, die an der Erarbeitung dieses Haushalts mitgewirkt haben, insbesondere aber an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wissenschafts- und Kulturministeriums.

Vielen Dank.