„Der Entwurf des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes, den die Landesregierung vorgelegt hat, löst keines der Probleme, die die Städte, Gemeinden und Landkreise haben. Er stärkt auch nicht das kommunalpolitische Ehrenamt. Denn die Wirkungsmöglichkeiten von Räten und Kreistagen hängt überwiegend von der Finanzausstattung der Kommunen ab, und die ist weiter miserabel“, erklärt die Landtagsabgeordnete Silke Lesemann.

Wenn die Landesregierung das politische Ehrenamt stärken will, dann müsse sie vorrangig für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen sorgen. „Doch das neue Kommunalverfassungsgesetz ist nur eine Nebelkerze, die von den aktuellen Problemen ablenken soll. Die angebliche Stärkung des Ehrenamtes passiert gerade nicht“, findet Lesemann und verweist auf die Inhalte des Gesetzes. So solle zum Beispiel der Ratsvorsitzende künftig das Los in der Ratssitzung ziehen und der Ratsvorsitz den ehrenamtlichen Ratsmitgliedern vorbehalten bleiben. „Vor allem die Regelung zum Ratsvorsitz zeigt die Wirkungslosigkeit des Gesetzes, denn der ehrenamtliche Ratsvorsitzende ist bereits in 95 Prozent der Kommunen gelebte Realität“, sagt Lesemann.

Silke Lesemann lehnt auch die Abschaffung der Stichwahl und den Wahlbereich überschneidende Kandidatenlisten ab. „Mit der Stichwahl wird eine wichtige demokratische Legitimation für den hauptamtlichen Bürgermeister geschaffen. Bei künftigen Wahlen mit vielen Kandidaten könnten schon Ergebnisse von weit weniger als 30 Prozent zum Wahlsieg ausreichen. Das überzeugt keinen Bürger.“ Als „Kungelgeschäft mit der FDP“ wertet Lesemann die Regelung, dass künftig in Städten, Gemeinden und Landkreisen mit mehreren Wahlbereichen Kandidaten nicht nur in einem, sondern in allen Wahlbereichen antreten dürften. „Das zerstört das bisherige System, in dem die verschiedenen Wahlbereiche dafür gesorgt haben, dass alle Teile der Gemeinde oder des Kreises im Rat oder Kreistag nach ihrer Bevölkerungsstärke vertreten waren. Diese Bürgernähe ist aber die Stärke der Kommunalpolitik“, unterstreicht Lesemann.

Akzeptabel an der Reform ist für Silke Lesemann nur, dass viele Regelungen nicht mehr im Gesetz getroffen werden, sondern durch Kommunalparlamente selbst entschieden werden können. „In diesem Sinne begrüße ich auch die beabsichtige Möglichkeit, dass Räte und Kreistage Beschlusszuständigkeiten auf die Fachausschüsse übertragen können“, so die Abgeordnete.