Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung

Wann wird die Landesregierung den tariflosen Zustand an Stiftungshochschulen beenden?

Abgeordnete Dr. Gabriele Andretta, Daniela Krause-Behrens, Dr. Silke Lesemann, Matthias Möhle, Jutta Rübke, Stefan Schostok, Wolfgang Wulf (SPD)

Wortlaut der Anfrage:

Im Niedersächsischen Hochschulgesetz ist geregelt, dass Hochschulen in Trägerschaft von Stiftungen des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, die beim Land erworbenen arbeits- und tarifvertraglichen Rechte anzuerkennen und einem vom Land geführten Arbeitgeberverband, der Mitglied in der Tarifgemeinschaft der Länder ist, beizutreten. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die Beschäftigten an den Stiftungshochschulen nicht von der allgemeinen Entwicklung des öffentlichen Dienstes abgehängt werden. Gleichzeitig soll die Möglichkeit eröffnet werden, für die Stiftungshochschulen in ihrer Gesamtheit eigenständige tarifliche Regelungen zu schaffen.

Sogar die Vereinbarung zwischen der Landesregierung, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und dem Marburger Bund sagt unter § 1 Abs. 1: „Die Stiftungen sind gemäß § 58 Abs. 4 Nr. 1 NHG verpflichtet, Mitglied eines Arbeitergeberverbandes zu werden, der der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) beitritt. Das Land Niedersachsen wird sicherstellen, dass die Stiftungen dieser Verpflichtung nachkommen werden.“

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie begründet die Landesregierung, dass die im NHG geregelte Verpflichtung der Stiftungshochschulen, einem Arbeitgeberverband beizutreten bzw. einen Arbeitgeberverband zu gründen, bis heute nicht umgesetzt wurde?

2. Was hat die Landesregierung konkret unternommen, damit die Stiftungshochschulen tariffähig werden?

3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die unzumutbare Situation eines „tariflosen Zustandes“ für die Beschäftigten der Stiftungshochschulen zu beenden?

Antwort der Landesregierung:

Namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen wie folgt:

Das Niedersächsische Hochschulgesetz gestattet es den Hochschulen in Niedersachsen seit 2002, auf Antrag durch Verordnung der Landesregierung in die Trägerschaft einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts überführt zu werden. Von dieser Möglichkeit haben die Universität Göttingen, die Tierärztliche Hochschule Hannover, die Universität Hildesheim, die Universität Lüneburg sowie die Fachhochschule Osnabrück Gebrauch gemacht. Mit dieser Überführung in eine rechtsfähige Stiftung als eigenständige juristische Person sowie der Überleitung der Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten auf diese Stiftungen ist die unmittelbare Tarifbindung dieser Hochschulen entfallen. Die Stiftungshochschulen sind allerdings nach § 58 Abs.4 NHG gesetzlich sowie auch auf der Grundlage der Vereinbarung zwischen der Niedersächsischen Landesregierung, den Gewerkschaften ver.di und Marburger Bund zur Errichtung von Stiftungshochschulen vom Oktober 2002 verpflichtet, die für die Beschäftigten des Landes jeweils anzuwendenden Tarifverträge und sonstige Vereinbarungen anzuwenden. Das für die Beschäftigten des Landes Niedersachsen anzuwendende Tarifrecht ist auch Inhalt der Arbeitsverträge der zu den Stiftungshochschulen übergeleiteten Beschäftigten. Von einem tariflosen Zustand für die Beschäftigten an den Stiftungshochschulen kann deshalb keine Rede sein. Die Beschäftigten an den Stiftungshochschulen sind deshalb nicht von der allgemeinen (Einkommens-)Entwicklung des öffentlichen Dienstes abgehängt.

Der im Gesetz vorgesehene Beitritt zu einem vom Land Niedersachsen geführten Arbeitgeberverband, der gleichzeitig Mitglied im Arbeitgeberverband der Länder - der Tarifgemeinschaft deutscher Länder - wäre, hätte diese Bindung an die für die Beschäftigten des Landes geltenden Tarifverträge lediglich zusätzlich gesichert und den Universitäten über den Arbeitgeberverband Einwirkungsmöglichkeiten bei der Gestaltung des Tarifrechts eröffnet. Mit der Gründung eines solchen Arbeitgeberverbandes war nicht die Absicht verbunden, für dessen Mitglieder eigenständige - vom Tarifrecht der TdL gegebenenfalls abweichende tarifliche Regelungen - zu ermöglichen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich im Namen der Landesregierung die Anfrage wie folgt:

Zu 1: Die Niedersächsische Landesregierung hat unverzüglich nach Änderung des NHG und Überleitung der Beschäftigten mit den fünf Stiftungshochschulen Verhandlungen zur Gründung eines Arbeitgeberverbandes aufgenommen. In wesentlichen Fragen wie der Mitwirkung der Mitglieder innerhalb des Landesarbeitgeberverbandes sowie innerhalb der TdL sowie zu Fragen der finanziellen Beteiligung am Arbeitgeberverband bestanden unterschiedliche Auffassungen, die trotz intensiver Bemühungen bisher nicht zu einer einvernehmlichen Lösung geführt werden konnten.

Zu 2: Die Landesregierung hat neben den Bemühungen um die Gründung eines vom Land Niedersachsen geführten Arbeitgeberverbandes zusätzlich mit dem Inkrafttreten des Tarifvertrages für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder und der Erhöhung der Entgelte zum 1. Januar 2008 den Stiftungshochschulen gestattet, im Rahmen des Besserstellungsverbots Haustarifverträge mit den Gewerkschaften abzuschließen, um eine unmittelbare Tarifbindung herzustellen. Von dieser Möglichkeit haben die Stiftungshochschulen bisher keinen Gebrauch gemacht.

Zu 3: Nach Auffassung der Landesregierung existiert keine unzumutbare Situation für die Beschäftigten in den Stiftungshochschulen. Durch die Bezugnahmeklausel in den Arbeitsverträgen findet für diese Beschäftigten ohne Einschränkungen der TV-L in seiner jeweiligen für Niedersachsen geltenden Fassung Anwendung. Die Beschäftigten erhalten beispielsweise die gleichen Tabellenentgelte, die gleiche Sonderzahlung sowie die gleichen Strukturausgleiche wie die Beschäftigten in der Landesverwaltung. Sie sind deshalb den Beschäftigten des Landes im Hinblick auf die Anwendung des Tarifrechts gleichgestellt.