Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung

Ist der Verwaltungsaufwand bei den Integrationskursen zu hoch?

Abgeordnete Klaus-Peter Bachmann, Ulla Groskurt, Dr. Silke Lesemann, Sigrid Leuschner, Claus Peter Poppe, SPD, Stefan Schostok, Brigitte Somfleth (SPD)

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, zuvor ausschließlich für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig, hat seit dem 1. Januar 2005 die Aufgabe, Integrationskurse zu organisieren. Schon frühzeitig wurde über den hohen Verwaltungsaufwand berichtet: Die Berliner Morgenpost überschrieb einen diesbezüglichen Artikel vom 18. Juli 2005 mit den Worten „Integrationskurse versinken in Bürokratie“. Die bürokratischen Anforderungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stellen Volkshochschulen und private Kursanbieter vor große Herausforderungen: Beispielsweise bestehen ein hoher persönlicher Beratungsbedarf schon vor Kursbeginn sowie ein kompliziertes Anmeldeverfahren, und nicht zuletzt muss jeder Kursabschnitt von je 100 Stunden pro Teilnehmer gesondert abgerechnet werden. Für die Kursträger kostet diese Verwaltung rund 3000 Euro pro Kurs - erstattet werden jedoch lediglich 140 Euro.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Inwieweit kann die Landesregierung die Einschätzung bestätigen, dass die Integrationskurse einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringen?

2. Hält die Landesregierung diesen Verwaltungsaufwand für angemessen? Wenn nein, welche Verbesserungen kann sich die Landesregierung vorstellen?

3. Was hat die Landesregierung seit 2005 (gegebenenfalls im Wege einer Bundesratsinitiative) unternommen, um den Verwaltungsaufwand für die Träger der Integrationskurse zu verringern?

Antwort der Landesregierung:

Mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 ist ein Mindestrahmen staatlicher Integrationsangebote geschaffen worden. Kernstück dieser staatlichen Angebote sind die Integrationskurse, die in der Zuständigkeit des Bundes (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF) organisiert und von eigens hierfür zugelassenen Kursträgern durchgeführt werden. Die Einzelheiten der Integrationskurse und somit auch deren verwaltungsmäßige Abwicklung sind in der Integrationskursverordnung (IntV) geregelt. Die IntV wurde ohne Beteiligung der Bundesländer erlassen.

Bei den Integrationskursen handelt es sich um eine bundesweite Maßnahme, die bestimmten Qualitätsstandards und bundeseinheitlich geltenden Regelungen unterliegt. Hierzu gehören auch Anmelde- und Abrechungsmodalitäten. Das BAMF zahlt dem jeweiligen Kursträger für bestimmte Dienstleistungen eine sogenannte Verwaltungskostenpauschale. So wird beispielsweise für die Organisation und Durchführung eines Einstufungstests eine Verwaltungskostenpauschale von 30 Euro pro teilnehmender Person an den Kursträger gezahlt. Für die Auszahlung von Fahrtkosten, welche das BAMF den Integrationskursteilnehmerinnen und -teilnehmern über den Kursträger erstatten kann, erhält der Kursträger eine Verwaltungskostenpauschale von 3,90 Euro pro Teilnehmer bzw. Teilnehmerin. In gleicher Weise werden auch andere Dienstleistungen der Kursträger durch das BAMF vergütet, um den Kursträgern einen angemessenen Ausgleich für den erbrachten bürokratischen Aufwand zu gewähren. Diese Beispiele zeigen, dass der Verwaltungsaufwand, der den Trägern durch die Abwicklung der Integrationskurse entsteht, seitens des BAMF monetär erstattet wird. Diese Regelungen werden ohne Beteiligung der Länder zwischen dem BAMF und dem jeweiligen Kursträger getroffen.

Eine Länderzuständigkeit ist bei der organisatorischen Abwicklung der Integrationskurse nicht gegeben. Eine mittelbare Einflussnahme ist allerdings über die Bewertungskommission (§ 21 IntV) möglich und wird von den Ländern auch wahrgenommen. Der Bewertungskommission gehören auch Vertreter der Bundesländer an. Sie war beispielsweise Mitglied in der Arbeitsgruppe „Integrationskurse verbessern“ des Nationalen Integrationsplans. Darüber hinaus hat sie am Erfahrungsbericht der Bundesregierung zu den Integrationskursen mitgewirkt. Fragen nach der organisatorischen Abwicklung der Integrationskurse können bei Bedarf über die Bewertungskommission kommuniziert werden. Die Anregungen der Bewertungskommission haben in der jüngsten Vergangenheit bereits zu Änderungen der IntV geführt. Dazu gehörten auch Veränderungen im verwaltungsmäßigen Ablauf der Integrationskurse zur Entlastung der Träger. Ergebnisse über eine tatsächliche Reduzierung des Verwaltungsaufwandes liegen der Landesregierung noch nicht vor. Gleichwohl wird die Arbeitsbelastung der Kursträger weiterhin sorgfältig beobachtet.

Die Niedersächsische Landesregierung legt ihr Augenmerk auf die inhaltliche Ausgestaltung der Kurse und ist an einem möglichst hohen Kurserfolg interessiert. Für einen erfolgreichen Kursabschluss sind auch die organisatorischen Rahmenbedingungen der Integrationskurse von Bedeutung. Dass die reibungslose Abwicklung der Kurse mit einem gewissen Verwaltungsaufwand einhergeht, ist aus Sicht der Landesregierung unvermeidbar.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung hat keinen Einfluss auf die Organisation und Durchführung der Kurse und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand. Ein persönlicher Beratungsbedarf ist aus Sicht der Landesregierung nicht nur bei der Durchführung von Integrationskursen, sondern auch bei anderen von Bildungsträgern angebotenen Fortbildungsmaßnahmen gegeben. Eine fundierte Einschätzung über die Höhe des Verwaltungsaufwandes speziell der Integrationskurse ist seitens der Landesregierung nicht möglich, da zum jetzigen Zeitpunkt noch keine ausreichenden Erfahrungswerte von den Bildungsträgern über die Auswirkungen der geänderten Integrationskursverordnung vorliegen.

Zu 2: Die Angemessenheit des Verwaltungsaufwandes kann erst nach einer Evaluierung der neuen Integrationskursverordnung bewertet werden. Derzeit kann dazu mangels Zuständigkeit der Landesregierung keine Aussage getroffen werden.

Zu 3: Die Landesregierung hat seit der Einführung der Integrationskurse den Schwerpunkt der Bemühungen auf die inhaltliche Ausgestaltung der Kurse gelegt. Daneben gab es beispielsweise im Jahr 2008 einen auf Initiative Niedersachsens eingebrachten Entschließungsantrag im Bundesrat zur Erhöhung der Stundenzahl der Orientierungskurse. Bereits im Jahr 2007 hat die Landesregierung einen Entschließungsantrag zur Erhöhung der Stundenzahl der Integrationskurse für spezielle Zielgruppen (Jugendliche, Eltern, Analphabeten) von 630 auf 930 Unterrichtsstunden im Bundesrat eingebracht. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, den Kurserfolg der Zugewanderten zu erhöhen und ihre Integration zu fördern. Durch erfolgte Erhöhung der Stundenzahl ist der Verwaltungsaufwand verhältnismäßig kleiner geworden.