Kleine Anfrage mit Antwort z. Th.: Mehr Frauen in MINT-Fächer - Was unternimmt die Landesregierung?
Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung
Abgeordnete Dr. Silke Lesemann, Dr. Gabriele Andretta, Daniela Krause-Behrens, Matthias Möhle, Jutta Rübke, Stefan Schostok, Wolfgang Wulf (SPD)
Mehr Frauen in MINT-Fächer - Was unternimmt die Landesregierung?
An Fachkräften in sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) mangelt es, obwohl hier sehr gute Berufsaussichten und vielfältige Arbeitsmöglichkeiten bestehen. Dieser Mangel wird seit Längerem vielfach beklagt. Vor allem junge Frauen wählen meist andere Studienfächer. In der Regierungserklärung vom 27. Februar 2008 kündigte die Landesregierung an, die Anzahl der Studienplätze in technischen und naturwissenschaftlichen Fachrichtungen zu steigern. Künftig sollen insbesondere junge Frauen zur Aufnahme des Studiums einer technischen Fachrichtung bewegt werden.
Mitte Juni ist auf Bundesebene der „Pakt für mehr Frauen in Naturwissenschaften und Technik“ als Teil der Qualifizierungsoffensive gestartet. Die Bundesregierung will mit mehr als 40 Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Vorhaben, die auf eine stärkere Orientierung von Frauen aus MINT-Fächern gerichtet sind, stärken und bündeln. Ziel ist u. a., den Anteil der Studienanfängerinnen in den MINT-Fächern um 5 % zu steigern.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie haben sich die Zahlen der Studienanfängerinnen im Bereich der MINT-Fächer in den vergangenen fünf Jahren an den niedersächsischen Hochschulen entwickelt?
2. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits ergriffen, um den Anteil von Studierenden allgemein und insbesondere von weiblichen Studierenden in den MINT-Fächern zu steigern?
3. Welchen Maßnahmenkatalog wird die Landesregierung vorlegen, um mehr Frauen für Technikberufe zu gewinnen?
Antwort der Landesregierung:
Mit den Maßnahmen zum Hochschulpakt 2020 ist es gelungen, ein deutliches Zeichen zur Förderung der MINT-Fächer an den niedersächsischen Hochschulen zu setzen. Von den im Jahr 2007 im Rahmen des Hochschulpakts geschaffenen rund 450 zusätzlichen Studienmöglichkeiten an den Universitäten betrafen 58 % die MINT-Fächer, darunter ca. 100 als Kapazitätserweiterungen, also in ausgelasteten Studiengängen. Im Jahr 2008 werden an den Universitäten knapp 1 000 Studienmöglichkeiten zusätzlich geschaffen, davon die Hälfte in den MINT-Fächern (375 sind Kapazitätserweiterungen). Die Kapazität an den Fachhochschulen wurde im Jahr 2007 um über 1 200 erweitert; 59 % der zusätzlichen Studienanfängerplätze betrafen die MINT-Fächer. Im Jahr 2008 wird die Kapazität dort um über 2 000 Studienanfängerplätze erweitert, davon 52 % in den MINT-Fächern. Damit wird durchaus auf den in diesem Bereich sich verschärfenden Fachkräftemangel reagiert.
Hinzukommen Maßnahmen, die eine größere Akzeptanz dieser Studienangebote bei Frauen sicherstellen sollen. Die Landesregierung hat sich daher entschlossen, den Gender-Aspekt bei der Gewinnung zusätzlicher Studienanfänger im Rahmen des Hochschulpaktes 2020 wie folgt zu honorieren: Für jede zusätzliche Studienanfängerin (erstes Hochschulsemester) in den MINT-Fächern, über die Anfängerzahlen des Studienjahres 2005/06 hinaus erhält die Hochschule einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 400 Euro. Welche Studiengänge für eine solche Förderung infrage kommen, wird in den Nachträgen zu den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen verhandelt.
Dies vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
Zu 1: Die Zahl der Studienanfängerinnen in den MINT-Fächern ist der anliegenden Übersicht zu entnehmen.
Zu 2 und 3: Das Land Niedersachsen hat 1997 begonnen, mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Projekte zu fördern. Der geringer werdenden Wahl der sogenannten MINT-Fächer in der Oberstufe des Gymnasiums und damit auch den geringer werdenden Studienanfängerzahlen in diesen Fächern sollte so entgegengewirkt werden. Die Wahl der MINT-Fächer in der Oberstufe hat sich seither stabilisiert, allerdings noch auf niedrigem Niveau.
Niedersachsen hat die Naturwissenschaften im Gymnasium in den Sekundarbereichen I und II gestärkt und durch die Möglichkeit eines naturwissenschaftlichen Wahlpflichtbereichs in den Schuljahrgängen 7 bis 9 und die Wahl eines mathematisch-naturwissenschaftlichen Schwerpunkts in der gymnasialen Oberstufe weitere Anreize geschaffen.
Es sind 14 naturwissenschaftlich-technische Labore zusammen mit Universitäten und Betrieben entstanden, die vom Land unterstützt werden. Das Land hat sich an naturwissenschaftlichen Modellversuchen beteiligt und hat selbst Schulversuche initiiert.
Viele Angebote haben sich in den letzten Jahren vielfältig und eigenständig vor Ort weiterentwickelt. Weitere außerschulische Lernorte werden bereits geplant, um in den Regionen des Landes ein Angebot vorzuhalten, das das Interesse der Schülerinnen und Schüler an den MINT-Fächern fördert und die klugen Köpfe fordert.
Veranstaltungen, wie der IdeenExpo, die im Herbst 2007 von mehr als 160 000 an Interessierten besucht wurde, kommt besondere Bedeutung zu, um junge Menschen für die Natur- und Ingenieurwissenschaften zu begeistern und Schülerinnen und Schüler zu motivieren, ein entsprechendes Studium aufzunehmen. Die Landesregierung wird derartige Aktivitäten auch weiterhin aktiv unterstützen.
In Niedersachsen ist die Motivierung von jungen Frauen für die Aufnahme eines technisch-naturwissenschaftlichen Studiums Teil der Gleichstellungspolitik an Hochschulen. So wurden bereits mit Mitteln des Hochschulsonderprogramms II/III Projekte an der TU Braunschweig (Technik zum Begreifen) und den (damaligen) Fachhochschulen Oldenburg, Ostfriesland, Wilhelmshaven in Kooperation mit der Fachhochschule Osnabrück (Motivation von Frauen und Mädchen für ein Ingenieurstudium) gefördert. Im Rahmen des Hochschulwissenschaftsprogramms (HWP) - Programmteil Chancengleichheit - wurden insbesondere Mentoringprojekte gefördert, um junge Frauen für ein naturwissenschaftlich-technisches Studium zu motivieren, weil sich dieser Ansatz als sehr effektiv herausgestellt hatte. Zu diesen Mentoringprojekten liegen zwei umfängliche Evaluationen vor.
Beispielhaft sei das Projekt „Förderung des weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchses in den Kernfächern der Leibniz Universität Hannover, der Technischen Universität Braunschweig und der Technischen Universität Clausthal als Beitrag der Qualitätsentwicklung der Niedersächsischen Technischen Hochschule - FwwN-NTH“ genannt. Koordiniert durch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin in Form einer Projektstelle, sollen z. B. für Studentinnen, Absolventinnen, Provendinnen, aber auch Post-Docs, Juniorprofessorinnen und Habilitandinnen Veranstaltungen zur Beratung, zum Coaching und zum Erwerb von Schlüsselqualifikationen durchgeführt sowie Workshops und Foren in Bezug auf „Promotionsfahrpläne“ oder zum Austausch untereinander veranstaltet werden. Das MWK unterstützt dieses Projekt mit 60 000 Euro pro Jahr für die Dauer von drei Jahren.
Zur Stärkung der Attraktivität der MINT-Fächer an den Hochschulen selbst haben Landesregierung und Hochschulen im Zukunftsvertrag vom Oktober 2005 die Einführung der leistungsorientierten Mittelverteilung zwischen Universitäten und Fachhochschulen vereinbart. Zu der Ausgestaltung der bestmöglichen Mittelverteilung ist bewusst ein Gleichstellungsfaktor eingebaut, der sich seit 2006 auch als wirksam erwiesen hat.