Experten diskutieren mit SPD-Fraktion das Topthema Fachkräftemangel
Die SPD-Landtagsfraktion hat ihre Arbeit an einem Gesamtkonzept zur Sicherung des Fachkräftebedarfs in Niedersachsen mit einer Expertenanhörung im Landtag fortgesetzt. Alle eingeladenen Expertinnen und Experten begrüßten die Initiative der SPD-Fraktion ausdrücklich.
Die Fachleute, die viereinhalb Stunden lang mit Mitgliedern der SPD-Fraktion diskutierten, waren sich darin einig, dass es in Niedersachsen derzeit einen vor allem branchenspezifischen Fachkräftemangel gibt, der sich – mit regional unterschiedlichen Ausprägungen – aus demografischen Gründen noch verstärken werde.
Es müsse unbedingt gelingen, das Qualifikationsniveau zu erhöhen, führte Prof. Dr. Martin Baethge vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen an. Denn nach heutigen Berechnungen werde bei unveränderter Entwicklung die Zahl der Erwerbstätigen mit Hochschulberechtigung im Jahr 2025 um rund 1,5 Millionen geringer sein als heute.
Nach Angaben von Tina Heliosch von der Bundesagentur für Arbeit fehlten nicht nur Fachkräfte in den technischen und naturwissenschaftlichen Berufen, sondern auch in den Medizin-, Pflege- und Erziehungsberufen. „In den sogenannten Chancenberufen Elektroniker, Erzieher, im ärztlichen Bereich, im Pflege- und Gesundheitsbereich wird sich eine Nachfrage nach Arbeitskräften entwickeln, die wir ohne Maßnahmen im Fachkräftebereich nicht werden bedienen können“, sagte Heliosch voraus.
Regionale und branchenbezogene Disparitäten verschärften das Problem. Aufgrund der demografischen Entwicklung sei zu erwarten, dass die Fachkräftelücke weiter wachse, wenn nicht gegengesteuert werde. Heliosch: „Qualifizierung von Beschäftigten wird in Zukunft ebenso wichtig sein wie Qualifikation von Arbeitssuchenden.“
„Deutschland ist ein Abwanderungsland. Gut Qualifizierte wandern aus, geringer Qualifizierte wandern zu“, erklärte Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen. Niedersachsen mache da keine Ausnahme. Und dabei wäre die Zahl derjenigen Zuwanderer, die in Niedersachsen ihren Lebensmittelpunkt aufbauten, zu gering. Um dem entgegenzuwirken, müsse die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse verbessert werden. Auch eine Teilanerkennung einzelner Qualifikationen würde zunächst helfen.
An der Anhörung nahmen als Experten teil:
- Professor Dr. Martin Baethge, Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen,
- Erik Feise, Bund Türkisch-Europäischer Unternehmer, Hannover,
- Tina Heliosch, Bereichsleiterin Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion, Hannover,
- Frank Hesse, Niedersächsischer Industrie- und Handelskammertag, Hannover,
- Michael Koch, Geschäftsführer der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen, Hannover,
- Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer Unternehmerverbände Niedersachsen, Hannover, sowie
- Lars Niggemeyer, Abteilungsleiter beim DGB Niedersachsen, Hannover.