SPD und Grüne wollen die Klosterkammer in Niedersachsen modernisieren und haben einen entsprechenden Antrag in den Landtag eingebracht. Dr. Silke Lesemann die Einbringungsrede im Landtag.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren!

Wir haben es heute mit einer alten Bekannten zu tun. Und das im doppelten Sinne: Die Klosterkammer Hannover ist seit nunmehr fast 200 Jahren als staatliche Sonderbehörde zuständig für die Verwaltung von vier rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts. Und etliche von Ihnen werden sich noch erinnern können, dass wir bereits in der vergangenen Legislaturperiode intensive Diskussionen über die Modernisierung der Klosterkammer Hannover geführt haben.

Um was geht es? Die Klosterkammer Hannover ist eine der ältesten und traditionsreichsten Behörden in Niedersachsen. Ihre Entstehung und Entwicklung ist eng mit der niedersächsischen Geschichte verknüpft. Die von ihr verwalteten, aus mittelalterlichem Klostervermögen stammenden Stiftungen – der Allgemeine Hannoversche Klosterfonds, der Domstrukturfonds Verden, der Hospitalfonds St. Benedikti Lüneburg und das Stift Ilfeld – gelten als überkommene heimatgebundene Einrichtungen und sind deshalb verfassungsrechtlich geschützt.

Dass es bei dem vorliegenden Antrag um die Klosterkammer geht ist nur vordergründig. Im Kern geht es um die Verwaltung des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds. Es ist anerkannt und wir haben deshalb auf eine besondere Feststellung verzichtet, dass der AHK eine Stiftung ist. Der Staatsgerichtshof hat diese Frage 1972 offengelassen. Inzwischen besteht darüber allgemeiner Konsens, aber die Feststellung hat mehr als deklaratorischen Wert. Denn eine Stiftung ist wie eine Stiftung zu verwalten. Die Klosterkammer leistet dies. Das ist eine gute und erfolgreiche Konstruktion und braucht nicht debattiert zu werden.

Sehr wohl ist zu diskutieren, wie sie es tut. Denn die Klosterkammer Hannover ist ein Relikt absolutistischer Zeit und heute in ihrer Verfasstheit etwas aus der Zeit gefallen. Eine normale Landesbehörde wäre längst in ihren Führungs- und Entscheidungsstrukturen modernisiert worden. Aber die Klosterkammer ist nur der Form nach Landesbehörde, in der Sache ist sie Stiftungsverwaltung. Und es ist zu fragen, ob sie nach den modernen Standards einer Stiftungsverwaltung organisiert ist. Das die Verwaltung des AHK „auf eine den Erfordernissen der Zeiten angemessene Art“ erfolgen soll steht bereits in dem Landesherrlichen Patent von 1818.

Meine Damen, meine Herren!

Die Klosterkammer untersteht der Dienst- und Rechtsaufsicht des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur. Aber ist eine Rechtsaufsicht ausreichend? Wer kontrolliert, ob die Sondervermögen dem „heimatlichen Interesse dienstbar“ gemacht werden, wie es Artikel 72 unserer Landesverfassung erfordert? Wer stellt fest, dass die Verantwortung für das historische Gütererbe des Landes wahrgenommen wird, wie es der Staatsgerichtshof 1972 festgestellt hat? Nur der Rechtsaufsicht unterworfen und ohne jegliche Eigenkontrolle durch innere Organe wirkte sie ungestört. Was die Klosterkammer tut, mag gut und legal sein. Zumal nicht einer so bedeutenden, denn immerhin erwirtschaftet und verwaltet die Klosterkammer Erträge von ca. 40 Mio. € - jährlich.

In der Verwaltung des AHK ist die Machtfülle des Präsidenten überbordend. Das mag der historischen Genese im Absolutismus geschuldet sein. Den Erfordernissen unserer Zeit entspricht ein System von ‚Checks an Balances‘, das in der Demokratie ebenso grundlegend geworden ist wie in der Wirtschaft und eben auch bei Stiftungen. Dies fehlt dieser Stiftungsverwaltung. Es bedarf eines Systems interner gegenseitiger Kontrolle, einer Aufteilung der Entscheidungskompetenzen für das operative Geschäft und für die strategische Ausrichtung. Mit einem einfachen Beratungsgremium kommt man da nicht nach vorn.

Die Klosterkammer soll deshalb eine Binnenstruktur erhalten, die den Anforderungen an die treuhänderische Verwaltung eines großen Vermögens Genüge tut. Kern der Modernisierung ist ein mit Beschlusskompetenzen versehenes Steuerungs- und Kontrollgremium. Dieses Gremium soll zuständig sein für die strategischen Entscheidungen und die Kontrolle der Stiftungsverwaltung. Es formuliert Handlungsprinzipien, die Grundsätze der Vermögensverwaltung und der Zweckerfüllung, es beschließt den Wirtschaftsplan des Klosterfonds, bestellt die Wirtschaftsprüfer und entscheidet über die Entlastung. In unserem Vorschlag besteht das Gremium aus bis zu 12 Personen. Darunter sollten sich Personen befinden, die von den im niedersächsischen Landtag vertretenen Fraktionen benannt wurden, Vertreter/innen der Landesregierung, sachkundige und erfahrene Personen aus anderen Bereichen, z.B. der Kultur oder der Zivilgesellschaft, aber auch Vertreter der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers und der Katholischen Kirche in Niedersachsen. Wichtig ist dabei weniger, wer in dem Gremium sitzt, sondern das dessen Mitglieder verstehen, dass sie Treuhänder einer Stiftung sind.

Meine Damen, meine Herren!

Wir erkennen den Modernisierungsprozess in der Klosterkammer an, den es seit vielen Jahren gibt, nicht erst seit Herr Biallas seinen Dienst angetreten hat. Auch dies braucht hier nicht debattiert zu werden.

Zu erwähnen ist aber, das ein Modernisierungsprozess, der durch ein beschließendes Gremium begleitetet wird, eine größere Dimension und ein anderes Tempo haben wird. Ich will unsere Erwartungen an zwei Beispielen verdeutlichen; an der kulturellen Bildung, die die Klosterkammer auch zu betreiben hat und an der öffentlichen Wertschätzung, die es zu erringen gilt. In beiden Fällen hat bereits 1972 der StGH festgestellt, das der AHK, als heimatgebundene Einrichtung, historische und kulturelle Belange zu vertreten hat und das er sich deshalb in einer wechselseitigen Beziehung zur Bevölkerung befindet.

Wir bezeichnen das heute als kulturelle Bildung. Darum geht es: das historische Kulturgut nicht lediglich zu erhalten, sondern es in seiner kulturellen Bedeutung auch zu vermitteln. Davon ist wenig zu sehen und das sollte sich ändern. Nicht zuletzt kommt es für eine Stiftung darauf an, Gutes zu tun und dafür Wertschätzung zu erlangen. Dazu muss man aber auch entsprechen auftreten. Die Erfordernisse der Zeit sind andere geworden. Die Klosterkammer muss aus ihrer Wahrnehmungsnische heraustreten – als Institution! Es gibt für das geforderte Gremium also einiges zu tun.

Meine Damen, meine Herren,

ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in dieser Wahlperiode die Modernisierung der Klosterkammer Hannover entscheidend voranbringen könnten. Sie hat es verdient. Schließlich wird sie 2018 200 Jahre alt und sollte spätestens dann optimale in Leistungsfähigkeit und Wertschätzung zukunftsfähig gerüstet sein!