Dr. Silke Lesemann, hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, hielt heute (Dienstag) eine Rede im Landtag zu den Tagesordnungspunkten "Technische Universitäten stärken - Exzellenzinitiative nicht aufgeben - Kürzungen zurücknehmen!" und ""MINT-Fächer an den Niedersächsischen Hochschulen stärken – Nachwuchs gewinnen und halten – Exzellenz unterstützen".

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen, meine Herren!
Wir bündeln unter diesem Tagesordnungspunkt zwei Anträge. Der Antrag der CDU ist im Wesentlichen eine Reaktion auf die Aussetzung des NTH-Gesetzes. Der Antrag der Koalitionsfraktionen erweitert den Blick auf die MINT-Fächer an den niedersächsischen Hochschulen insgesamt und entwickelt Perspektiven für die Fachkräftesicherung in diesem Bereich.

Bereits im Wissenschaftsausschuss haben wir erklärt, dass wir den Antrag der CDU-Fraktion für zu kurz gegriffen halten. Überdies strotzt bereits die Überschrift von falschen Behauptungen. Immer nach dem Motto „Wenn man nur genug Dreck wirft, wird auch schon etwas hängen bleiben.“ Zu Ihrer ersten Falschbehauptung, die Exzellenzinitiative werde aufgegeben, sage ich Ihnen Folgendes: Die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen ist ein 2005/06 erstmals ausgelobtes Förderprogramm in Deutschland, das parallel zur grundlegenden Umstellung des Hochschulwesens durch den Bologna-Prozess anlief. Die Debatte um Zukunft und inhaltliche Ausgestaltung und über die künftige Exzellenzinitiative nimmt im Bund gerade Fahrt auf. Bund und Länder haben Ende 2014 in einem Grundsatzbeschluss festgelegt, die Exzellenzinitiative auch nach 2017 weiterzuführen.

Ich sehe weder, dass sich Niedersachsen aus der Exzellenzinitiative zurückzieht, noch, dass es Kürzungen gegeben hat. Das Land kommt seinen Verpflichtungen vollumfänglich nach. Kürzungen können nicht zurückgenommen werden, weil es Kürzungen nicht gegeben hat. Ich möchte Sie daher auffordern: Haben Sie den Schneid und nehmen Sie Ihre irreführenden Behauptungen zurück! Diskutieren Sie konstruktiv mit, wenn es um die Fortsetzung dieses Programmes geht. Festzustellen ist vielmehr, dass die NTH bei der Exzellenzinitiative in der Regierungszeit von CDU und FDP gescheitert ist!

Meine Damen und Herren!
Systemimmanente Konstruktionsfehler haben die NTH von Beginn an begleitet. Die NTH als Dachverband über den Hochschulen in Braunschweig, Clausthal und Hannover war quasi eine "Hochschule in der Hochschule“ gewesen. Als leere Universität, faktisch ohne Studierende und Wissenschaftler hat dieses Konstrukt nie die Akzeptanz gehabt, die nötig gewesen wäre, um diesen Versuch weiterzuführen. Deshalb ist es nur logisch und konsequent, dass Ministerin Heinen-Kljajić hier die Reißleine gezogen hat. Zügig wird nun am Masterplan für künftige Kooperationen der Universitäten in Braunschweig und Hannover weitergearbeitet. Und im neuen Ansatz wird ausdrücklich die Forschungskompetenz der gesamten Region einbezogen. Liebe CDU, das sollten Sie wissen: Moderne Forschungsverbünde sind national und international aufgestellt und keineswegs nur Zusammenschlüsse von Universitäten. Und was Clausthal angeht: Für die dortige TU wird ein eigenes Zukunftskonzept erarbeitet.

Der von Ihnen geäußerte Wunsch, die Hochschulen nicht mit überflüssigen Strukturdiskussionen aufzuhalten, geht postwendend an Sie zurück. Die NTH-Hochschulen sind durch Ihre Regierung mit überflüssigen Strukturdebatten gestört worden, die das unausgegorene NTH-Gesetz mit sich gebracht haben. Die NTH hat die von Ihnen in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Es wird Zeit, dass Sie dies akzeptieren. Die im Haushaltsbegleitgesetz vorgenommene Ruhestellung des Gesetzes gibt den Beteiligten Zeit, nach neuen Wegen zu suchen. Die Aussetzung des misslungenen Konstrukts NTH ist konsequent. Ich erkenne in den Gesichtern wenig Überraschung, wenn ich hier die Ablehnung des CDU-Antrages vorschlage.

Meinen Damen, meine Herren,
Gleichwohl legen wir das Thema MINT-Fächer nicht ad acta. Wir wollen mit unserem Antrag das Thema in der Breite diskutieren. Wir wollen es nicht nur auf drei Hochschulen beschränken, sondern die Hochschulen in Niedersachsen insgesamt in den Blick nehmen. Die Landesregierung hat mit Unterstützung der sie tragenden Fraktionen bereits einiges auf den Weg gebracht. Beispielhaft nenne ich hier die Absicherung der Hochschulen im Entwicklungsvertrag, eine Masterplanung für die Wissenschaftsregion Hannover-Braunschweig wurde gestartet, die soziale Öffnung der Hochschulen vorangebracht, die Ideen-Expo abgesichert, mit dem Fachhochschulentwicklungsprogramm insbesondere auch Studienplätze im MINT-Bereich dauerhaft abgesichert. Dies ist im Sinne der Fachkräftesicherung wesentlich, natürlich auch für Forschung, Entwicklung und Innovation in unserem Bundesland. Es muss doch vor allem darum gehen, Nachwuchs in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zu gewinnen und zu halten. Und das geschieht spätestens in den Schulen, keinesfalls erst auf den Hochschulen.

Unser Antrag reicht deshalb von der Schaffung von institutionellen Rahmenbedingungen z.B. durch die in Punkt 1 geforderte Unterstützung der TU Braunschweig, der Leibniz Universität Hannover und der TU Clausthal bei der Masterplanung zur künftigen wissenschaftlichen Kooperation, über die Vorbereitung auf die Weiterführung der Exzellenzinitiative bis hin zu den Rahmenbedingungen von Lehre. Ein Schwerpunkt liegt hier im Bereich der Hochschuldidaktik und – quasi als Daueraufgabe – bei der Gewinnung von Mädchen und Frauen für das Themenfeld MINT. Und ich appelliere nochmals an Sie: Halten Sie sich zurück mit falschen Behauptungen. Lassen Sie uns um die beste Idee streiten, aber nicht um die am meisten konstruierte Unterstellung. Ich freue mich auf konstruktive Beratungen im Ausschuss