Eine bessere und gerechtere Bildung für Niedersachsen - unter diesem Motto stand die heutige Rede von Dr. Silke Lesemann, der wissenschaftspolitischen Sprechrin der SPD-Landtagsfraktion, zum Haushalt des Landes Niedersachsen. Die für Laatzen, Pattensen und Sehnde zuständige Abgeordnete stellte den Haushalt des Ressorts Wissenschaft vor. Hier finden Sie ihre Rede im Wortlaut:

Die gesamte Rede im Wortlaut zum Tagesordnungspunkt "Haushalt 2015 – Wissenschaft" während der Plenarsitzung am 17.12.2014 im Niedersächsischen Landtag:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren!
Vorab möchte auch ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des MWK für die Zusammenstellung der Haushaltsunterlagen bedanken und dafür, dass sie uns immer Rede und Antwort gestanden und uns informiert haben.

Bildungspolitik ist ein Schwerpunkt dieser Landesregierung. Dies gilt für den Kultushaushalt und ebenso für den Etat des MWK. Fast 8 Milliarden Euro fließen in Kitas, Schulen und Hochschulen. Uns da mangelnden Gestaltungswillen vorzuwerfen, Herr Hillmer, das finde ich reichlich unpassend.

Mit dem letzten Haushalt für 2014 haben wir eine zentrale Weichenstellung rot-grüner Wissenschaftspolitik beschlossen. Wir haben als letztes Bundesland zum Wintersemester 2014/15 die Studiengebühren abgeschafft. Kurz vor Weihnachten kann ich Ihnen hier eine frohe Botschaft verkünden: Niedersachsen wird bei den Studierenden immer beliebter. Wir verzeichnen prompt den höchsten Zugewinn an Studenten deutschlandweit. Sie werden sich mit mir darüber freuen, dass die Zahl der eingetragenen Studierenden im aktuellen Wintersemester im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 % gestiegen ist. Das ist eine ganz tolle Zahl.

Mehr begabte junge Menschen nehmen ein Studium auf bzw. bleiben in Niedersachsen oder kommen nach Niedersachsen. Sie, liebe Opposition, haben immer wieder die abschreckende Wirkung von Studiengebühren geleugnet. Wie falsch Sie gelegen haben, wird spätestens mit diesen aktuellen Zahlen deutlich. Unter Ihnen flüchteten die Studierenden noch aus Niedersachsen. Rot-Grün stoppt diese Entwicklung. Wir machen Bildung in Niedersachsen wieder gerechter, Herr Grascha.

Meine Damen und Herren, die Zukunft Niedersachsens liegt für uns in der Bildung und Forschung. Trotz nahender Schuldenbremse und des von uns verfolgten Abbaus des strukturellen Defizits bekennt sich Rot-Grün mit diesem Haushaltsplanentwurf eindeutig zur Stärkung von Bildung und Wissenschaft in Niedersachsen.

Wir wollen eine gerechtere und bessere Bildung in unserem Land. Mit dem Hochschulentwicklungsplan haben wir den Hochschulen Planungssicherheit versprochen. Wir halten auch hier Wort. Das Land erstattet den Hochschulen die durch Tarif- und Besoldungssteigerungen entstehenden Mehrausgaben. Die ungefähr 42 000 Beschäftigten an unseren Hochschulen profitieren davon, dass die Tarif- und Besoldungssteigerungen inkludiert sind. Darauf, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir mit Recht stolz sein.

Auch bei der Erfüllung des Hochschulpaktes 2020 von Bund und Ländern hält Niedersachsen Wort und kofinanziert 47 350 Studienanfängerplätze zusätzlich. Die Bereitschaft, die nicht unerheblichen Kosten für die Finanzierung des Hochschulentwicklungsplanes und auch des Hochschulpaktes 2020 zu übernehmen, dokumentiert die Entschlossenheit von Rot-Grün, die Wettbewerbsfähigkeit von Hochschulen und Forschung zu sichern. Doch damit allein ist es nicht getan.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einige Aspekte aus diesem ca. 600 Seiten starken Zahlenwerk herausgreifen, mit denen Sozialdemokraten und Grüne besondere Akzente setzen. Für mich als Sozialdemokratin – das wird Sie nicht verwundern – ist besonders das Fachhochschulentwicklungsprogramm wichtig. Die Entwicklung von Fachhochschulen in Niedersachsen ist seit dem Beginn der 90erJahre eine Erfolgsgeschichte. Damals gab es das von Wissenschaftsministerin Helga Schuchardt initiierte und vielbeachtete Fachhochschulentwicklungsprogramm I. 20 Jahre später stellt Rot-Grün bis 2020 mehr als 480 Millionen Euro für die Fachhochschulen bereit. Wir schaffen es, den Grundstock an Studienplätzen um ein Drittel anzuheben. Und das ist eine Dauerfinanzierung. Das ist nicht das, was Herr Hillmer vorhin gesagt hat.

Dieses Programm stärkt den Wissenschaftsstandort Niedersachsen insgesamt und ermöglicht uns, Bildungspotenziale auszuschöpfen, und sichert auch die Ausbildung von Fachkräften. Unsere Fachhochschulen sind nämlich ein unverzichtbarer Bestandteil der praxisorientierten und akademischen Ausbildung. Ihre Nähe zu den Unternehmen ermöglicht einen hervorragenden Technologie und Wissenstransfer zwischen der Wissenschaft und den Firmen. Davon profitieren vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, da die Fachhochschulen die Fachkräfte bedarfsgerecht ausbilden können.

Fachhochschulen sind ein Motor für regionale Entwicklung und Innovationskraft. Das ist uns sehr wichtig. Wir machen die akademische Ausbildung vor Ort möglich und setzen nicht allein auf die großen Universitätsstandorte. Das ist in einem Flächenland wie Niedersachsen besonders wichtig. Hoch-Qualifizierte an Land und Region zu binden, hat neben positiven wirtschaftlichen auch positive demografische Aspekte.

Dieses Programm fußt auf langjährigen Forderungen der SPD nach einer Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung. Fachhochschulen sind die Brückenbauer zwischen der beruflichen und der akademischen Bildung, da ein großer Teil der Studierenden vorher eine berufliche Ausbildung absolviert hat. Die Fachhochschulen ermöglichen den sozialen Aufstieg und öffnen die Hochschulen. Dieses Programm spielt passgenau unsere hochschulpolitischen Forderungen wider.

Meine Damen und Herren, weil wir wollen, dass erfolgreiches Studieren von Leistung und nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sind, sind wir einen weiteren wichtigen Schritt gegangen, für den wir sehr gelobt worden sind: Wir stellen allein im nächsten Jahr 5 Millionen Euro als Anschubfinanzierung für studentisches Wohnen zur Verfügung. Denn Studieren, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, hat auch eine soziale Dimension. Nicht alle können die zum Teil hohen Mietpreise bezahlen. Und wir wollen schließlich, dass mehr Studierende nach Niedersachsen kommen, auch mehr Studierende aus dem Ausland. Deshalb sind wir, nachdem wir mit dem Haushalt 2014 bereits die Finanzhilfe für die Studentenwerke aufgestockt haben, sehr froh, nun weitere 5 Millionen Euro als Anschubfinanzierung für studentisches Wohnen mobilisiert zu haben. Auch das ist ein Feld, liebe Opposition, das Sie in Ihrer Regierungszeit vielfach schmählich ignoriert haben.

Sehr geehrte Damen und Herren, in diesem Haushalt gibt es noch viele wegweisende Positionen: das Sanierungspaket Hochschulmedizin mit 40 Millionen Euro – es ist frisches Geld, das durch den Finanzminister in den Haushalt gekommen ist –, die Bereitstellung von Mitteln für die Lehrerbildung – Stichworte „GHR 300“ und „Inklusion“ –, das Institut für Islamische Theologie in Osnabrück, die Ideen-Expo und Forschungsbauten, aber auch die Verstetigung von über 500 000 Euro aus der politischen Liste 2014 für den Bereich Erwachsenenbildung. Sie hatten das mit Ihrem Perspektivvertrag für 2013 angekündigt, aber eben nicht ausfinanziert. Und das machen wir.

Einige Worte möchte ich nun noch zum Lieblingsthema der CDU verlieren, zur NTH. Ich kann verstehen, dass Sie gekränkt sind, weil sich daraus kein Leuchtturm entwickelt hat, nicht einmal eine Leuchtboje. Vor Kurzem war ich – wie auch erfreulich viele Kolleginnen und Kollegen, die hier im Raum sind – bei der Verleihung des Norddeutschen Wissenschaftspreises. Mit dem Norddeutschen Wissenschaftspreis werden exzellente, länderübergreifende Kooperationen prämiert, die einen Beitrag zur Stärkung norddeutscher wissenschaftlicher Netzwerke leisten. Eines war jedoch festzustellen: Wir haben sehr leistungsstarke Forschung in Niedersachsen, aber die läuft nun einmal nicht unter dem Label NTH. Die NTH hat die von Ihnen in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Es wird Zeit, dass Sie das endlich einmal akzeptieren. Die im Haushaltsbegleitgesetz vorgenommene Ruhestellung des Gesetzes gibt den Beteiligten Zeit, nach neuen Wegen zu suchen. Die Aussetzung des misslungenen Konstrukts NTH ist nur konsequent.

Als Dachverband über den Hochschulen in Braunschweig, Clausthal und Hannover war sie quasi eine Hochschule in der Hochschule. Als leere Universität – faktisch ohne Studierende und Wissenschaftler – hat dieses Konstrukt nie die Akzeptanz gehabt, die nötig gewesen wäre, um diesen Versuch weiterzuführen. Stimmen, die unseren Schritt beklagen, habe ich bisher nur vereinzelt wahrgenommen und von Ihnen, werte CDU. Sie kommen mir vor wie Kinder, denen man das Lieblingsspielzeug geklaut hat. Spielen Sie doch nicht die Beleidigten, sondern überlegen Sie gemeinsam mit uns, wie wir technisch-naturwissenschaftliche Kooperation stärken können! Die Hochschulen in Clausthal, Göttingen, Hannover, Braunschweig und anderen Städten sind jedenfalls längst auf dem Weg dahin.

Am Ende vielleicht noch eine kleine generelle Einschätzung: Sie, liebe Opposition, haben das so enorm wichtige Gut Bildung in Ihrer Regierungszeit lediglich verwaltet. Sie haben keine Impulse gesetzt, sondern reflexartig alles abgelehnt, was nicht in Ihr Weltbild passte. Diesen Stillstand haben wir beendet. Wir bringen mit diesem Haushalt Projekte auf den Weg, die die Bildung in Niedersachsen besser und vor allem gerechter machen. Das ist unser Leitmotiv, und das werden wir auch in den kommenden Jahren verfolgen.

Vielen Dank.