Noch einmal die Schulbank drücken: die SPD-Landtagsabgeordnete Silke Lesemann hat einen Tag lang an der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Sehnde hospitiert. Von der ersten bis zur sechsten Stunde folgte sie den Schülern in den Unterricht und informierte sich bei den Lehrern über die tägliche Arbeit in den Schulen.

Gerade jetzt, nachdem in Niedersachsen die inklusive Schule verbindlich zum Schuljahresbeginn 2013/14 eingeführt wurde, ist dies eine wertvolle Erfahrung. Das über die normale Integration von Behinderten hinausgehende Konzept der Inklusion, in der die Gesellschaft in all ihren Facetten anerkannt werden soll, ist ein essentieller Programmpunkt des rot-grünen Koalitionsvertrags und soll mit der Reform des Schulgesetzes umgesetzt werden. „Mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechts-konvention hat sich Deutschland verpflichtet, ein inklusives Schulsystem zu verwirklichen. Inklusion erfordert ein radikales Umdenken in Deutschland.

Nicht mehr der einzelne behinderte Mensch muss sich anpassen, um in der Regelschule dabei sein zu können.
Stattdessen müssen sich die Schulstrukturen ändern, so dass Menschen mit Behinderungen von Anfang an einbezogen und ihre Teilhaberechte geachtet werden. Die Behindertenrechts-Konvention der Vereinten Nationen zur Inklusion wurde bereits vor vier Jahren beschlossen. Die schwarz-gelbe Vorgänger-Regierung hat dieses Thema verschlafen, deswegen müssen wir nun einiges aufholen“, erklärt Lesemann.

Die KGS Sehnde begann ohne äußeren Druck seit 2006 Kinder mit Handicap zu integrieren. Seitdem werden u.a. in Zusammenarbeit mit der Förderschule Ilten Mädchen und Jungen mit Sprachproblemen und seit 2011 motorisch eingeschränkte Kinder an der KGS unterrichtet. „In unserer Gesellschaft ist noch nicht akzeptiert, dass alle Kinder gleichwertig am Bildungsprozess teilhaben können. Das gilt es aufzubrechen“, sagte KGS-Schulleiterin Helga Ackermann.

Der Leiter der Förderschule Andreas Pohl, der Lesemann beim Besuch der KGS begleitete, warnt: „Ein Gesetz schafft nur den Rahmen. Es muss aber auch vernünftig umgesetzt werden.“ Silke Lesemann konnte bei ihrem eintägigen Rundgang durch die Klassenräume wertvolle praktische Eindrücke sammeln und Anregungen für die Gestaltung einer gelingenden Inklusion wichtig sind: „Neben räumlichen Voraussetzungen bedarf es dringend einer Reform der Lehrerausbildung. Rot-Grün hat dies in der Koalitionsvereinbarung festgelegt.“, betont Lesemann. Das Lehramts-Studium müsse diese Herausforderungen aufnehmen. „Lehrer aller Fachrichtungen müssen in ihrem Studium darauf vorbereitet werden, dass in ihrer Klasse auch Kinder mit kleineren und größeren Einschränkungen unterrichtet werden wollen. Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif. Bis 2017 werden mehr als 1600 Vollzeitlehrerstellen geschaffen. Insgesamt sollen ca. 550 Millionen Euro für die Umsetzung der Inklusion an niedersächsischen Schulen ausgegeben werden. Bereits zum nächsten Schuljahr wird das Land 109 zusätzliche Sonderpädagogen einstellen.“

Lesemann bedankte sich bei der KGS Sehnde für einen wichtigen Einblick in den täglichen Lehrer-Alltag: „Die Offenheit der Lehrkräfte war wichtig, um eine realistische Einschätzung für die Herausforderungen bei der Umsetzung der Inklusion zu erhalten. Meine Erfahrungen werde ich in die kultuspolitischen Diskussionen einfließen lassen. “

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Kathleen Fleer, Andreas Pohl, Silke Lesemann und Schulleiterin Helga Ackermann tauschen sich in der KGS über die Inklusion aus.