Spätestens seit der PISA-Studie ist das Bewusstsein für die Bildungspolitik in Niedersachsen gestiegen. Auch neueste Studien bescheinigen dem Bundesland wieder schlechte Noten. Doch worin liegen die Schwächen des niedersächsischen Bildungssystems und was muss besser werden?

Darüber diskutierten die SPD-Landtagsabgeordnete Silke Lesemann und die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Frauke Heiligenstadt am Montagabend in der Mensa der Albert-Einstein-Schule in Laatzen mit den Schulleiterinnen Birgit Geyer von der Grundschule Pestalozzistraße, Renate Kruse von der Albert-Einstein-Schule, Marita Kappeler von der Calenberger Schule Pattensen sowie Ümit Törun und Ulrike Christina Sewig vom Stadtelternrat Laatzen.


Heiligenstadt erörterte eingangs die schulpolitischen Vorstellungen der Sozialdemokraten. Dass die beiden SPD-Politikerinnen nicht mit der schwarz-gelben Bildungspolitik im Land zufrieden sind, stellten sie vor zahlreichen Gäste bereits am Anfang deutlich klar. „In Niedersachsen ist der Bildungserfolg eines Kindes extrem an die soziale Herkunft gekoppelt. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels brauchen wir ein Bildungssystem, das individuelle Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen fördert. Künftig wird jeder und jede gebraucht“, sagte Silke Lesemann. Dass in der Schulpolitik dringend Reformen nötig sind, sahen auch die an der Basis arbeitenden Schulleiterinnen. Sie deckten in dem informativen Gespräch mehrere Schwachpunkte des Bildungssystems auf und konnten durch ihre Ideen und Wünsche das Programm der womöglich künftigen Regierungspartei SPD für die kommende Legislaturperiode mitgestalten.
Birgit Geyer forderte mehr die individuellen Rechte des Kindes auf Bildung im Blick zu haben. „Der wachsende bürokratische Aufwand schränkt die Arbeit am Kind ein“, sagte die Schulleiterin Grundschule Pestalozzistraße. Dabei benötigten gerade Kinder aus armen Haushalten und solche mit sprachlichen und motorischen Defiziten vermehrte Aufmerksamkeit. „Es braucht mehr Kraft in die frühkindliche Bildung. Die Bildungsinvestitionen sollten verstärkt in den Elementarbereich fließen. Schulen brauchen nicht nur Lehrer, sondern auch Sozialpädagogen und Verwaltungskräfte“, erklärt Geyer.


Marita Kappeler von der Calenberger Förderschule forderte zudem eine echte Inklusion. „Das ist bisher eine Inklusion im Sparprogramm. Hier müssen mehr Mittel zur Verfügung stehen“, sagte sie. Dies hält auch Renate Kruse für notwendig. „Wir können es uns nicht mehr leisten, so wenig für die Bildung auszugeben. Im OECD-Schnitt liegen wir nur im unteren Drittel, sogar Mexiko zahlt proportional mehr“, sagte die Direktorin der Albert-Einstein Schule. In ihren Augen ist die Ganztagsschule, die Schulform der Zukunft. Nach ihren Beobachtungen hat sich die Einstellungen der Eltern im Laufe der Zeit verändert: „Früher stand man der Ganztagsschule ängstlich gegenüber. Das Bewusstsein hat sich geändert. Heute wollen die Eltern berufstätig sein, eine qualitativ gute Ganztagsbetreuung für die Kinder muss daher garantiert werden“, erklärt sie.
Auch Ümit Törun plädierte für eine vermehrte Unterstützung von Bildungseinrichtungen. „Wir brauchen mehr und besser ausgebildete Lehrer.“ Seine Kollegin Christina Ulrike Sewig wünscht sich eine breitere Auswahl von Schulformen: „Die Eltern müssen die Wahl, auf welche Schule sie ihre Kinder möchten.“ Neben diesen Vorschlägen haben die beiden SPD-Politikerinnen noch mehr Anregungen erhalten. „Bessere Ausstattung von Ganztagsschulen, bessere Bedingungen zur individuellen Förderung, ein durchlässiges Schulsystem: diese Forderungen müssen in den kommenden Jahren dringend auf Weg gebracht werden.“, resümierte Lesemann.

Dsc Podium
vlnr. Ümit Törün, Frauke Heiligenstadt, Silke Lesemann, Renate Kruse, Marita Kappeler und Birgit Geyer.